Es ist mir ein Rätsel: 23 Prozent meiner Newsletter-Abonnenten nutzen GoogleMail – und lassen damit ihre E-Mails automatisch durchsuchen, um Werbung anzuzeigen. Weitere 17 Prozent nutzen GMX, 12 Prozent nutzen Web.de – und bekommen also Werbung neben dem Postfach angezeigt. Für nur einen Euro im Monat gäbe es Alternativen: Ohne Werbung und auch mit einer Domain, so dass man vollkommen unabhängig vom Anbieter wäre. Warum nutzt die niemand?
Alternative 1: Posteo oder Mailbox.org
Wer möglichst wenig Arbeit mit seinem Postfach haben möchte, kann sich bei den beiden deutschen Anbietern Posteo und Mailbox.org anmelden. Für ein Euro im Monat bekommt man dort 1 (Posteo) bzw. 2 GByte Speicherplatz für seine E-Mails und die Anbieter versprechen, die Daten ihrer Kunden nicht für Werbezwecke zu nutzen. Wer mehr Speicherplatz braucht, zahlt bei Posteo 25 Cent pro GByte und Monat. Bei Mailbox.org bekommen Kunden für 2,50 Euro im Monat 5 GByte und für 3,50 Euro sogar 25 GByte. Zum Vergleich: GMail gewährt seinen Kunden aktuell 15 GByte kostenfrei, bei GMX.de sind es 1,5 GByte und bei Web.de 1 GByte. Die Postfächer lassen sich über eine Web-Oberfläche oder alternativ per POP3 oder IMAP zum Beispiel vom Smartphone oder Tablet abrufen.
Beide Anbieter haben jüngst bei Stiftung Warentest mit der Note 1,8 abgeschnitten, wobei Mailbox.org einen Tick besser war als Posteo. Zum Vergleich: Google Mail bekam die Note 2,3 und das kostenfreie GMX-Angebot eine 2,6 (befriedigend).
Posteo geht beim Datenschutz sogar noch weiter als Mailbox.org: Dort kann man sich ohne Angabe persönlicher Daten anmelden und anonym bezahlen. Gut, wenn man zum Beispiel mit einem Informanten kommunizieren möchte und dafür ein eigenes Postfach anlegt. Und wenn man sein bestehendes Postfach zu Posteo umzieht, bietet die Berliner Firma sogar einen eigene Umzugsservice an, so dass man nicht auf externe Anbieter wie Audriga zurückgreifen muss.
In der Newsletter-Abonnentenliste von Journlisten-Tools.de stehen aktuell 32 Posteo-Nutzer, aber kein einziger Mailbox.org-Nutzer. Die Posteo-User habe ich jüngst für diesen Beitrag angemailt und durchweg positives Feedback bekommen.
Nachteil bei Posteo ist aus meiner Sicht, dass man zwingend eine posteo.de-Adresse bekommt und keine eigene Domain mitbringen kann. Posteo bietet zwar eine ganze Reihe Länder-Kennungen (posteo.at, posteo.ch usw.), aber eben keine eigene Domain. Bei Mailbox.org geht das, die Domain muss aber woanders gehostet werden. Im Hilfe-Bereich der Mailbox.org-Website gibt es eine ausführliche Anleitung zur Einrichtung.
Alternative 2: Eigene Domain mit Postfach
Das ist aus meiner Sicht die langfristig beste Lösung: Statt sich an einen Provider zu binden (10 Prozent der Newsletter-Abonnenten haben zum Beispiel eine T-Online-Adresse) reserviert man sich einmalig eine eigene Domain. Ideal sind Kombinationen wie vorname-nachname.de oder Varianten davon. Ich nutze zum Beispiel seit vielen Jahren sbrinkmann.de für meine private Kommunikation und habe die Adresse schon mehrfach von einem Anbieter zum anderen umgezogen – ohne dass meine Kontakte davon etwas mitbekommen haben.
Was kompliziert klingt, ist es in Wirklichkeit gar nicht: Anbieter wie 1&1, Strato und viele mehr bieten eine eigene Domain mit einem oder mehreren Postfächern schon für einen Euro im Monat an. Bei 1&1 und Strato – die beiden größten Domain-Hoster in Deutschland – bekommt man dafür ein 2 GByte Postfach, das sich per Web-Oberfläche, aber auch per POP3 und IMAP nutzen lässt. Da es auch hier ein klares Geschäftsmodell gibt (Kunde zahlt für Dienstleistung) zeigen die Anbieter ihren Kunden keine Werbung an.
Alternative 3: Eigener Mailserver
Was für Verlage Standard ist (dort kommt Microsoft Exchange oder IBM Notes – früher Lotus Notes – zum Einsatz) ist für kleinere Journalisten-Büros oder Einzelkämpfer nur mit erheblichem Aufwand möglich: Der Mailserver muss administriert werden und er muss dauerhaft am Netz sein, um Mails jederzeit empfangen und senden zu können. Da E-Mails eh fast immer unverschlüsselt durchs Netz wandern, sehe ich auch nicht den großen Vorteil darin, einen eigenen Mailserver zu betreiben – statt einen der oben genannten Anbieter zu nutzen.
Was sagen Sie?
Gerade bei dem Thema interessiert mich Ihre Meinung brennend: Welches Postfach nutzen Sie und warum? Wie sensibel sind sie beim Thema Datenschutz, wenn es um Ihre E-Mails geht? Und hat mein Beitrag Sie zum Nachdenken animiert? Ich freue mich über Kommentare hier unter dem Artikel oder E-Mails.